Symposium

Symposium von Pactum Africanum

Förderung des Dialogs zwischen den drei Abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam,

Exposé

Die schwarze Königin von Saba in Klosterneuburg – Zur Bedeutung afrikanischer Christen für Europa in der Zeit der Kreuzzüge

Schwarze Teufel – Schwarze Heilige

Afrikaner werden in Europa schon seit dem 1. Jahrtausend bis zum Ende des Kolonialismus und zur Bürgerrechtsbewegung in den USA überwiegend negativ und herablassend dargestellt. Schwarz war die Farbe des Teufels. Die Kreuzfahrer erfuhren Afrikaner meist als feindliche, muslimische Soldaten oder Söldner und sahen sie als Übeltäter.

Dementsprechend sind in dieser Zeit in der christlichen Ikonografie z.B. die Schergen beim Urteil Salomos und der Enthauptung von Johannes des Täufers als Afrikaner dargestellt.

Die Königin von Saba als Vertreterin der Tugend der Weisheit, Johannes Kapelle, Dom zu Brixen, 1218

Aber ab dem 12. Jahrhundert werden Heilige oder wichtige Personen der Bibel, die aus Afrika stammen oder stammen könnten, plötzlich nicht mehr ausschließlich als Weiße, sondern auch als Schwarze dargestellt. Kreuzfahrer brachten „Schwarze Madonnen“ mit und ohne Jesuskind nach Europa, wo ihnen bald eigene schwarze Madonnen-Darstellungen folgten. Einer der Heiligen Drei Könige – meistens Baltasar – wurde zuerst im 12. Jahrhundert als Afrikaner beschrieben und später ab dem 14. Jahrhundert regelmäßig so dargestellt – allerdings durchweg als der letzte der drei Könige.

1181 stellte zum ersten Mal Nicolaus von Verdun in seinem Altar für das Stift Klosterneuburg die Königin von Saba als Schwarze dar. Den Heiligen Mauritius schuf ein unbekannter Bildhauer zum ersten Mal um 1240 im Magdeburger Mauritiusdom als edlen afrikanischen Ritter. Auch andere afrikanische Märtyrer wie im Kölner Raum Gereon und Gregorius Maurus werden seit dieser Zeit hoch verehrt. Im ebenfalls von Nicolaus Verdun geschaffenen Kölner „Drei Könige Schrein“ befinden sich nicht nur die Reliquien der Heiligen Drei Könige, sondern auch die Gebeine der zwei afrikanischen Märtyrer Nabor und Felix – heute kaum beachtet. In Wolfram von Eschenbachs Parzival Sage spielen die afrikanische Königin Belakane und ihr Sohn Feirefiz, der Halbbruder von Parzival, eine herausragende Rolle.

Leider haben die Künstler, die den Farbwechsel realisierten oder Afrikaner*innen verherrlichend beschrieben, keine schriftliche Begründung hinterlassen, was sie dazu veranlasste – gegen den bis dahin vorherrschenden Mainstream. Bemerkenswert ist, dass die Kunsthistoriker das Schwarzsein und das Schwarzwerden dieser Heiligen meist nicht zum Anlass genommen haben, nach den Gründen zu forschen. Es werden vielmehr meist der „Zahn der Zeit“, die „Verwitterung“ durch die Jahrhunderte, Folgen von Erhitzung, Kerzenruß oder Verrußung durch Brände als Gründe genannt, was oft ausgeschlossen werden kann. Diese Scheu hat mit unserem Afrikabild zu tun und ist heute eine Folge kolonialer Dominanztheorien, nach denen eine derart hohe religiöse und – wie zu zeigen ist – politische Bedeutung, auszuschließen ist.

Ein markantes Beispiel liefert dafür das Hohelied des Alten Testaments, das Liebeslied von König Salomo und seiner Geliebten Sulamith. In den Übersetzungen des 5. Verses aus dem Hebräischen hat sich allgemein durchgesetzt, dass Sulamith von sich erklärt: „Schwarz bin ich, aber schön“. Diese Übersetzung ist möglich, aber ebenso kann es anstatt „aber“ „und“ heißen. Dann berichtet Sulamith voller Stolz: „Schwarz bin ich und schön“. Unzweideutig heißt es auch so in der Septuaginta, der ersten Übersetzung des Alten Testaments ins Altgriechische. Als Beweis für das „aber“ wird der folgende, 6. Vers, angeführt, in dem Sulamith berichtet, dass sie die Sonne gebräunt oder verbrannt habe. Dann wäre sie also in Wirklichkeit eine Weiße. Genauso gut kann aber übersetzt werden, die Sonne habe sie (im Weinberg) „getroffen“, „erspäht“ oder „erblickt“ (vgl. Klaus Reichert, Das Hohelied Salomos, München 1998, S.93) was naheliegend ist, wenn sie sich Salomo selbstbewusst als Schwarze mitteilen möchte.

Ähnlich kommen Literaturwissenschaftler zum Schluss, dass Wolfram von Eschenbach zwar Belkane als schöne schwarze, afrikanische Königin beschrieben hat. Schwarz und heidnisch sei sie aber nur äußerlich, ihr Inneres, ihre Seele, sei in Wirklichkeit weiß; sie sei bereit, zum Christentum überzutreten.

Die zeitliche Koinzidenz der Schwarzwerdung der Heiligen mit den Kreuzzügen ist offensichtlich. Die Kreuzfahrer trafen in Jerusalem auf eine Gemeinde christlicher Pilger aus den damals drei christlichen Reichen Nubiens, dem heutigen Sudan und aus Äthiopien. Es gab Botschaften der äthiopischen Könige der damaligen Zagwe Dynastie an die Päpste in Byzanz und Rom und umgekehrt päpstliche Briefe aus Rom an den sagenumwobenen Priesterkönig Johannes. Hier zeigt sich ein politisch-religiöser Zusammenhang, denn der Priesterkönig Johannes, ob als Herrscher in Indien oder Afrika wurde als potentieller Verbündeter gegen die Muslime angesehen.

Sultan Saladin, der muslimische Eroberer von Jerusalem, übertrug der äthiopisch orthodoxen Kirche wichtige Grundstücke und Gebäude in Jerusalem. Das dürfte er nicht aus bloßem Altruismus getan haben. Offenbar waren die afrikanischen Söldner keine sicheren Kämpfer für die Ayyubiden Dynastie wie einst die Thebäische Legion unter dem Heiligen Mauritius. Saladin dürfte sie eher aus Sicherheitsgründen aus seinem Sold entlassen haben.

Neuere Forschungen bestätigen den religions- und geopolitischen Hintergrund für die veränderte Wahrnehmung der Afrikaner. Robin Seignobos (Centre d’Etudes des Mondes Africains der Université de Paris–I; The other Ethiopia: Nubia and the crusade ,12th-14th century, Annales d’Éthiopie, 2012, 27, S. 307-311) sieht in Jacques von Vitry, Bischof von Acon, den ersten, der in seiner zwischen 1216 – 1223 verfassten und bei Kreuzfahrern weit verbreiteten Historia Orientalis ausführlich über die monophysitischen Ostkirchen und darunter auch die afrikanischen Kirchen berichtete. Allerdings wurde damals eher die Notwendigkeit gesehen, die Häretiker zum richtigen Glauben zu bringen, zu dem Papst Innozenz IV beim Konzil von Lyon 1244 aufrief. Aber schon Oliver von Paderborn, ein Teilnehmer am 5. Kreuzzug nach dem ägyptischen Damiette, verfasste eine Prophezeiung, dass Mekka durch einen nubischen König zerstört würde. Nach dem Fall der christlichen Staaten in der Levante 1291 wurden, so Seignobos, aus solchen Träumen konkrete Erwartungen. Dabei wurden die Nubier ab dem 2. Konzil von Lyon 1274 explizit in die Rückeroberung Jerusalems eingeplant. Der Armenier Hethoum präsentierte Papst Clement V 1307 den Vorschlag einer Zangenoperation gegen Ägypten. Christlich-nubische Angriffe aus dem Süden auf Ägypten sollten den Sultan davon abhalten, Truppen nach Syrien gegen die aus Europa vom Norden angreifenden Kreuzfahrertruppen zu entsenden. Einen ähnlichen Vorschlag richtete 1321 der Venezianer Marino Sanudo an Papst Johannes XXII. Seignobos sieht in solchen Plänen den Grund dafür, dass die Mameluken in Ägypten gegen die Christen verschärft vorgingen.

Diese geostrategischen Überlegungen erklären zwar nicht, warum die Heiligen aus Afrika und sogar solche wie Maria und die Königin von Saba im selben Zeitraum schwarz dargestellt wurden. Aber es sind zumindest Indizien für diesen Perspektivwechsel.

Kaiser Friedrich II – Wertschätzung von Afrikanern und Friedlicher Kreuzzug

Beim Stauferkaiser Friedrich II (1194 – 1250) ist die Wertschätzung von Afrikanern deutlich zu erkennen. Gleichzeitig verfolgte er gegenüber Sultan Kamil, einem Nachfolger Saladins, eine Politik des Ausgleichs und führte einen friedlichen Kreuzzug nach Jerusalem zum Erfolg, wo er sich zum König von Jerusalem krönte. Gegenüber dem Islam verfolgte er eine aufgeklärte, tolerante Position. Seine Leibgarde und Elitetruppe setzte sich zum großen Teil aus muslimischen Sizilianern zusammen. Zuerst hatte er ihren Aufstand blutig niedergeschlagen und sie dann in die apulische Stadt Lucera umgesiedelt, wo sie Glaubensfreiheit genossen.

Kaiser Friedrich II und seine Gefolgschaft, um 1230, Fresko im Wehrturm der San Zeno Kirche, Verona

Zwei Kunstwerke sind zumindest starke Indizien für die Rolle Friedrichs II bei diesem Perspektivwechsel: die Königin von Saba in Brixen, 1218, und die erste afrikanische Mauritiusskulptur im Magdeburger Mauritiusdom, entstanden um 1240. Der staufische Bischof von Brixen, Berthold von Neifen, ließ nach einer Pilgerfahrt ins Heilige Land die Königin von Saba schwarz malen als die herausragende, afrikanische Vertreterin der Tugend der Weisheit. Er war zuvor der Leiter der Reichskanzlei (Protonotar) von Friedrich II. Der Kaiser bezeichnete sich auch – wie schon seine Vorgänger König Roger II und Kaiser Barbarossa als „König von Afrika“.

Mauritiusstatue im Magdeburger Dom, um 1240

Der Auftraggeber der Skulptur des edlen afrikanische Mauritius war vermutlich Erzbischof Albrecht von Brandenburg, der einer der engsten Vertrauten von Friedrich II war und sich länger am Hof von Friedrich II aufhielt als in Magdeburg. Von dort brachte er auch eine Reliquie mit, die ihm Friedrich II schenkte: den Schädel des Heiligen Mauritius. Friedrich II hatte sie zuvor dem Herzog von Meran abverlangt.

Zum Hofstaat Friedrichs II gehörten Afrikaner, die seine besondere Anerkennung fanden, darunter sein Haushofmeister (Finanzminister) Johannes Maurus.

In welchem Umfang Friedrich II im damaligen öffentlichen Bewusstsein mit Afrikanern identifiziert wurde, demonstrierte der Hochstapler Tile Kolup. 50 Jahre nach der spektakulären Reise des „Stupor Mundi“ durch Deutschland und 34 Jahre nach dessen Tod behauptete Kolup, Friedrich II zu sein und „bewies“ das dadurch, dass er mit einem „Hofstaat“ aus Afrikanern auch durch Deutschland zog. Er wurde in Neuss über ein Jahr und danach in Wetzlar als Kaiser anerkannt und konnte Hof halten, bis eine Armee von König Rudolf und dem Erzbischof von Köln dem Spuk ein Ende setzte.

Bischof Berthold und Erzbischof Albrecht kannten die Position von Friedrich gegenüber Afrikanern. Mauritius war der Schutzpatron des Kaisers und Berthold war dabei, als sich Friedrich vor dem Mauritius Altar im Petersdom zum Kaiser krönen ließ.

Die Fachtagung wird am 12. September vor der Premiere der Königin von Saba im Stift Klosterneuburg durchgeführt. Interessenten mögen sich anmelden bei: Dr. Konrad Melchers, Manteuffelstr. 57, 10999 Berlin, +49-30-61073877; F.: +49-30-61073970; KMelchers@t-online.de.

Vorbereitungsgruppe

Prinz Dr. Asfa-Wossen Asserate (Vorsitzender von Pactum Africanum), Prof. Susanne Enderwitz (Islamhistotikerin, Heidelberg), Prof. Dieter Kramer (Kulturwissenschaftler, Wien), Dr. Ulrike-Rebekka Nieten (Freie Universität Berlin, Seminar für Semitistik und Arabistik), Prof. Dr. Susanne Schröter (Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam), Prof. Dr. Heribert Weiland (eh. Direktor des Arnold Bergstraesser Instituts Freiburg i.Br.) und Dr. Konrad Melchers.

Eine Zusammenarbeit wird u.a. angestrebt mit: Dr. Leo Andergassen, Direktor des Südtiroler Landesmuseums für Kultur und Landesgeschichte, Schloss Tirol bei Meran, Paul Kaplan, Professor of Art History, Purchase College, State University of New York, u. a. mehrfacher Autor in H. L. Gates, Jr. and D. Bindemann, eds. The Image of the Black in Western Art, vol. 1 – 4, Cambridge, MA, Havard University Press, Dr. Jacke Phillips, Department of Art and Archaeology, School of Oriental and African Studies, London  SW1H 0XG, Robin Seignobos, Centre d’Etudes des Mondes Africains der Université de Paris-I, Adam Simmons, History Department, University of Lancaster und Prof. Dorothea Weltecke, Historikerin, Frankfurt a.M.